Nachdem das Parlament das Vorhaben im März 2020 wiederholt gestützt hat, gilt die Schweizer Kandidatur für einen Sitz als nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat für die Periode von 2023 bis 2024 auf nationaler Ebene weitestgehend als abgesichert. Der Wahl in den Sicherheitsrat scheint dank einem international angesehenen Profil, der frühen Vorarbeit der Schweizer Diplomatie sowie dem bisherigen Fehlen einer direkten Gegenkandidatur kaum mehr etwas im Weg zu stehen.

Somit kann nun damit begonnen werden, die schon seit Längerem laufenden Vorbereitungen zu intensivieren. Obwohl die thematische Prioritätensetzung voraussichtlich erst Mitte 2022 erfolgen wird, dürften die Themen, für die sich die Schweiz schwerpunktmässig im Sicherheitsrat einsetzen wird, ihr bisheriges Engagement im Rahmen der UNO reflektieren. Nennenswert sind hier unter anderem der Schutz der Zivilbevölkerung, die Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts, aber auch die längst überfälligen Reformen der Arbeitsweisen des Sicherheitsrates, für die sich die Schweiz schon seit Längerem engagiert.

Neben der inhaltlichen Schwerpunktsetzung stellt sich die Frage der Ausgestaltung der Partizipation, das heisst, wie Akteure, die über die Exekutive und die Verwaltung selbst hinausgehen, in die Vorbereitungen und später auch während einem Einsitz in den Sicherheitsrat eingebunden werden können. Das EDA wurde 2018 durch den Ständerat damit beauftragt, einen Bericht zum Miteinbezug des Parlaments auszuarbeiten. Dieser soll voraussichtlich im Herbst 2020 vorgelegt werden. Überlegungen, die darauf abzielen, das Parlament besser in aussenpolitische Prozesse einzubinden, schaffen die Grundlage für eine kohärente Aussenpolitik und stehen somit im Einklang mit der neuen Aussenpolitischen Strategie 2020–2023. Im Vorwort dieser Strategie plädiert Bundesrat und EDA-Vorsteher Ignazio Cassis im Namen einer kohärenteren Aussenpolitik aber nicht nur für einen besseren Miteinbezug des Parlaments, sondern auch für einen engeren Austausch mit der Bevölkerung. Bei diesem Austausch dürfte der Zivilgesellschaft eine wichtige Scharnierfunktion zukommen. Das aussenpolitische Ziel der Schweiz, 2023 bis 2024 Einsitz in den UNO-Sicherheitsrat zu nehmen, wäre eine ideale Gelegenheit, durch einen engen Miteinbezug der Zivilgesellschaft einen Dialog mit ihren Vertreterinnen und Vertretern den in der aussenpolitischen Strategie in Aussicht gestellten Austausch mit der Bevölkerung umzusetzen.

Ein solch enger Miteinbezug der Zivilgesellschaft wäre nicht nur einer kohärenten Aussenpolitik dienlich. Eine breitere gesellschaftliche Abstützung würde dem Vorhaben auch auf nationaler wie internationaler Ebene ein Mehr an Legitimität verschaffen. So wurde etwa Schweden, welches 2017 bis 2018 nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat war, für einen mustergültigen Miteinbezug der Zivilgesellschaft gelobt. Im Kontext der Schweiz könnten verschiedene bewährte Mechanismen, wie sie etwa in Schweden in Form von Austauschformaten zwischen der Zivilgesellschaft und der Verwaltung zur Anwendung kamen, mit neuen und innovativen Ansätzen kombiniert werden. Dabei könnte sich auch lohnen, Konzepte wie Crowdsourcing und Crowdtesting näher zu eruieren. Die Verantwortung für eine effektive Einbindung der Zivilgesellschaft sollte dabei keinesfalls allein bei der Verwaltung selbst liegen. Auch die Akteure der Zivilgesellschaft sollten sich selbst proaktiv darüber Gedanken machen, wie sie sich konstruktiv in diesen Prozess einbringen können.

Die Schweiz befindet sich dank des früh begonnenen Vorbereitungsprozesses in der vorteilhaften Situation, nach wie vor noch viel Vorlaufzeit bis zu den Wahlen Mitte 2022 und bis zu einem allfälligen Einsitz in den Sicherheitsrat 2023 zu haben. Zudem verfügt die Schweiz über eine äusserst vitale, breit aufgestellte und gut organisierte Zivilgesellschaft, die es sich nicht nur gewohnt ist, sich konstruktiv an politischen Prozessen zu beteiligen, sondern auch über wertvolle Expertise zu den regelmässig im Sicherheitsrat behandelten Konflikten und Themen verfügt. Es ist empfehlenswert, diese positive Grundvoraussetzung als Chance für eine erfolgreiche Kandidatur für einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat, für die Stärkung des Images der Schweiz als Land des demokratischen Dialogs und für eine international und national anerkannte und wertgeschätzte Arbeit in diesem wichtigen Gremium zu nutzen.


Bild: UN Photo/Jenny Rockett

Fabien Merz ist Senior Researcher am Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich.


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